Ein Spaziergang durch die Pfalz

Der Tag startete mit einem Espresso. Wie immer. Alles gleich. Doch ich war nicht mehr Zuhause, ich saß in der Vorderpfalz in Bad Dürkheim in einem Weingut. Morgens sind wir aus Ludwigshafen hergefahren, wo der Smog und die Abgase die Temperaturen in die Höhe getrieben haben. Die Sonne war unermüdlich, doch als wir vierzig Minuten später ausstiegen, haben sich nicht nur die Stimmung, die Architektur und die Natur verändert, sondern auch Wolken haben sich in der Zwischenzeit vor den Feuerball geschoben. Dadurch wurde es angenehm kühl vor dem Bad Dürkheimer Bahnhof. Wir haben uns bewusst dazu entschieden, mit der Linie 4 vom Berliner Platz aus nach Bad Dürkheim durchzufahren, auch wenn es relativ lange dauert. Die Strecke führte durch einige Dörfer und über Felder, was mich über den Begriff Straßenbahn nachdenken lassen hat. Die Straßen wurden durch schmale Feldwege ersetzt und wir sahen immer weniger Häuser, dafür immer mehr Bäume. Ich kann die Fahrt mit der Linie sehr empfehlen. Wenn du Zeit hast, ist sie wirklich zum Genießen.

Fine Wine

Nachdem ich den Espresso heruntergekippt hatte, schaute ich kurz auf die Uhr. Die subtile Verlockung der Weinflaschen, die überall herumstanden, machten mich neugierig auf deren Inhalt. Daher machten wir uns auf einen kleinen Rundgang durch die Kurstadt. Wir liefen eine breite Gasse hinunter, die uns an einer Bäckerei, einem Eisladen und einigen Restaurants entlang zum Kurpark führte. Wie ein wachendes Auge blickt das große halbrunde Fenster der Spielbank über die geschniegelte Grünanlage. Die Muster im Rasen, der Lavendel und die anderen Blumen gaben sich größte Mühe dem grauen Himmel zu trotzen und es funktionierte. Die Wolken verschwanden über den Tag hinweg. Regen blieb aus.
Wir schlenderten weiter durch den Park und kamen an ein Flüsschen. Dort staunten wir nicht schlecht, als wir einen Mann auf einem Bürostuhl an einem Schreibtisch sahen. Das wäre in einem Park schon ungewöhnlich gewesen, allerdings stand der Tisch auch noch mitten in einem Bach und einige Steine führten zum Stuhl, auf dem der Mann saß.
Wie eine Passantin uns später erklärte, war der Mann der Bürgermeister von Bad Dürkheim, der sich die Aktion überlegt hatte, um für die Menschen besser erreichbar zu sein.

Einige Meter weiter erstreckte sich von rechts nach links ein längliches Gebäude mit dunklen, behangenen Wänden. Die Breite ließ sich durch die großen Öffnungen, die sich regelmäßig in der Wand auftaten, erahnen. Es gab kein einziges Zimmer, der Bau bestand nur aus der über 300 Meter langen Wand. Was mir sofort auffiel, war die niedrigere Temperatur, die hier herrschte und mich fast frösteln ließ. Zudem lag etwas in der Luft, das ich zuerst nicht identifizieren konnte. Als wir vor der dunklen Wand standen, war es mir allerdings sofort klar. Wir standen vor der Saline, an deren Wand Salzwasser herunterläuft, das in die Luft verdunstet und so wohltuend für die Bronchien und die Lunge sein soll. Tatsächlich, das Salz lag überall in der Luft, ich konnte es auf der Zunge schmecken. Die erste Rieslingschorle gab es direkt im Biergarten davor, von dem aus man die angenehme Luft einatmen kann.

Wir beobachteten die Menschen, die neben uns an den Tischen saßen oder mit voller Fahrradmontur an uns vorbei düsten. Aufgrund des gedrückten Wetters und dem Fakt, dass wir unter der Woche dort waren, bestand das Publikum aus älteren Menschen, die vermutlich Erholung an dem Ort suchten. Ein schönes Bild zeichneten vor allem junge Menschen, die sich um die Alten zu kümmern schienen. Sie spazierten mit ihnen durch den Kurpark oder saßen neben uns an den Tischen. Die Atmosphäre war friedlich. Keine lauten Hintergrundgeräusche, nur das Plätschern das Baches und das Schnattern der Enten war zu hören.

Kurz darauf liefen wir weiter. Über den Wurstmarktplatz, wo im September jedes Jahr das größte Weinfest der Welt stattfindet, gingen wir zum Bad Dürkheimer Fass, einem 1,7 Millionen Liter fassenden Holzfass, das im Innenraum ein Restaurant beherbergt und als markanter Punkt in der Stadt gilt.
Ein paar Straßen weiter fing uns ein Schaufenster ab, in dem Gebäck und Kuchen präsentiert wurde. Besonders die Rüblikuchen zogen uns in den Laden. Kurz darauf kamen wir daher mit drei von ihnen wieder aus dem Café Tempel. Sie waren wirklich großartig!

Zurück durch den Kurpark landeten wir wieder bei unserem Ausgangspunkt. Dieses Mal gab es aber keinen Espresso, sondern Wein. Nach einem kurzen Tasting hatte mich der Weißburgunder schon überzeugt. Weil wir aber noch mehr erkunden wollten und der Tag uns Zeit bot, verließen wir Bad Dürkheim kurz darauf.

In Deidesheim

Unser Weg führte uns ins nahegelegene Deidesheim. Der Ort versprüht durch die akkurat gepflegten Gärten eine ähnliche Ruhe wie Bad Dürkheim, ist aber kleiner. Vom Bahnhof aus gingen wir die paar Meter in den Ortskern, wo wir am Deidesheimer Hof vorbeikamen (aufgrund meiner Liebe zu Hotels muss ich kurz davon berichten).
Also, das 5-Sterne-Hotel liegt an einer offenen Kreuzung mit Blick durch die kleinen Gassen, zwischen den alten Gebäuden hindurch. Das Hotelgebäude selbst ist etwas älter, doch durch kleine Elemente, die erneuert wurden, wirkt es nicht altbacken. Die Terrasse hingegen sah trotz einiger Gäste eher ungemütlich und kalt aus, was bestimmt an den Steinmauern im Hintergrund lag. Daher nahmen wir lieber in dem Café auf der anderen Straßenseite platz.
Dass der Sommer schon fast zusammen mit der Tür ins Haus fällt, fiel mir besonders in einem Hof auf, der von dicken Steinmauern umgeben war. Er lag unterhalb der Straße und man hat von dort aus einen guten Blick auf die Pflanzen dort. Ihr Leuchten und die bunten Farben hoben sich sehr schön von dem Grau der Mauer ab. Ein älteres Paar spazierte Hand in Hand durch die kleinen Wege, die dort angelegt sind. Zwei Vögel, die sich auf einer Bank um etwas stritten und dabei hektisch im Kreis sprangen, vervollständigten das Bild.

Zurück daheim

Der Abend setzte langsam ein und wir bekamen Hunger. Zurück in Bad Dürkheim besuchten wir noch einen Italiener und fuhren dann mit der letzten Bahn zurück nach Ludwigshafen. Wie erwartet, war die Bahn zu der Nachtzeit unter der Woche zunächst fast leer. Doch als wir durch das Dunkel schossen und die Bahn auf einmal hielt, hielten wir an einem prall gefüllten Bahnsteig. Nachdem die Türen sich wieder geschlossen hatten, war die Bahn bis zum Erbrechen voll. Wie einer der jungen Menschen uns erzählte, war gerade Schichtwechsel in einem Lager ein paar Gehminuten von der Station entfernt. Nun fuhren wir alle durchs Nichts, zurück ins dunkelste Loch von Rheinland-Pfalz.

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