Ich setzte vom Festland nach Nantucket über. Mein Traum war es, auf einem Walfänger anzuheuern, obwohl ich nicht den blassesten Schimmer hatte, wie die Arbeit dort funktionierte. Als ich auf Nantucket ankam, dieser wie eine gefüllte Paprika vom Walfang mit Reichtum vollgestopften Insel, wusste ich sofort, dass das nicht leicht werden würde.
So hätten die Erzählungen vom Seemann Ismael in Moby Dick von Herman Melville losgehen können. Wobei, vielleicht ist es auch gut, dass das Buch so losgeht, wie es dies tut. Denn tatsächlich sind die ersten Kapitel in Melvilles bekanntem Roman für mich ein absoluter Eyecatcher gewesen. Doch von Anfang an.
In diesem Roman begleitet der Leser den Seemann Ismail, der von seiner Heimat aus aufbricht, um auf Nantucket, einer Insel im Atlantik, auf ein Walfängerschiff zu steigen und mit diesem um die Welt zu fahren. Auf dieser Reise lernt er den berüchtigten Kapitän Ahab kennen, dessen Ziel es ist, den Killerwal Moby Dick zu erlegen. Der Großteil der Handlung findet daher auf See statt und genau so fühlt es sich beim Lesen oft auch an. Die Kapitel plätschern vor einem hin und wenn man die Anleitungen für den Walfang, die der Ich-Erzähler Ismail einem gibt, nicht als interessant erachtet, wird man das Buch irgendwann ausgefläddert und ungelesen in die Ecke werfen. Neben den ersten Kapiteln, die durchaus Spannung aufbauen und dem Leser das Gefühl geben, in einem Hafen unterwegs zu sein, der nur aus dunklen Gassen und zwielichtigen Gestalten besteht, sollte der eben erwähnte Teil eher als eine Art Sachbuch mit Beschreibung der Umgebung gesehen werden. Wobei die Umgebung eine wichtige Rolle spielt, vielleicht ist sie sogar wichtiger als bei anderen Romanen. Denn Moby Dick spielt zu einer Zeit und in einer Industrie, die wir wohl alle nicht so ganz auf dem Schirm haben. Mich hat das Buch zur Hintergrundrecherche inspiriert. Ich fand mich in eine andere Welt versetzt, weshalb ich mir diverse Artikel zu den Stichwörtern Nantucket und Walfang durchgelesen habe. Der Effekt, den dieses Buch hatte, war schon beeindruckt. Vor allem, wenn man das oben Geschriebene berücksichtigt und ich eigentlich gar nicht so in den Lesefluss gekommen bin.
Ein Funken Theorie
In Moby Dick geht es um Abenteuer und Action. Dahinter versteckt sich eine Geschichte, die durch eine Jagd getrieben wird. Was passiert, könnte auch mit anderen Personen passieren. Daher handelt es sich um einen äußeren Plot. Die Figuren treiben die Geschichte voran, nicht die Geschichte hilft dabei, dass sich die Figuren weiterentwickeln. Aufgrund der Erzählform des Buches würde ich aber sagen, dass auch eine Charakterentwicklung bei dem Ich-Erzähler Ismail stattfindet. Er lernt im Verlauf der Geschichte viel über den Walfang und auch über neue Personen, die er auf dem Schiff kennenlernt. Sein Fokus liegt aber nicht auf diesen Aspekten. Selbstlos erzählt er uns von der Jagd auf den legendären Moby Dick. Ob Kapitän Ahab diesen zusammen mit Ismail am Ende erfolgreich erlegt?